Montag, 22. April 2019

Unser Kaffeeabenteuer in Perú

In Perú reisend wollten Rico und ich uns endlich aus erster Hand zum Anbau und der Verarbeitung des einheimischen Kaffees erkundigen. Es stellte sich als gar nicht so einfach dar eine "Kaffeetour" zu einer Plantage zu unternehmen. Mit Glück erhielten wir aber Hilfe von unserem neuen Freund Lorenzo, in dessen Hostel wir zuvor in Ica geschlafen hatten. Er konnte uns einen Kontakt vermitteln, den wir prompt in Cusco treffen wollten.  

In Cusco angekommen machten wir uns neugierig auf den Weg ins Café D'Wasi von John Carrasco. Sein Café ist online mit besten Rezessionen bewertet und entsprechend freudig erwarteten wir alles. Da John gerade auf Reisen war, hat uns sein Vater Celestino empfangen und wir haben uns einander vorgestellt. Ab nun sollten meine Spanischkenntnisse auf die Probe gestellt werden, denn Celestino spricht keinerlei Englisch. Es ging aber ganz gut. Er gab sich große Mühe und erklärte zur Not mehrmals bis wir es verstanden hatten. Am nächsten Tag würde er mit seiner Frau Eva zurück auf seine Farm in der Nähe von Santa Teresa in den Schatten des Machu Picchu fahren und wir konnten ihn begleiten. Die beiden kommen in regelmäßigen Abständen nach Cusco um sich ein wenig von dem rauen und harten Leben auf der Farm zu erholen. Celestino betreibt die Plantage allein und holt sich nur manchmal 1-2 Arbeiter hinzu, die ihm gelegentlich helfen. Er ist 61 und hat eine von der Sonne gegerbte Haut. Etwas kleiner als ich es bin entspricht er dem durchschnittlichen peruanischen Aussehen. Er entspricht jedoch nicht dem Bild des armen, arbeitsamen Mannes, so wie wir es schon anderswo gesehen hatten. Er ist gepflegt und trägt ordentliche Kleidung. Man hätte ihn so eher für einen Händler gehalten, als für den Farmer der er eigentlich ist. Eva lernten wir am nächsten Tag im Bus kennen, in den wir in Ollantaytambo zustiegen. Dort hatten wir noch eine Nacht in Lorenzo's Hostel geschlafen und den Großteil unserer Sachen dort eingelagert. Eva ist ebenso nett, wenn gleich etwas verschlossener und Celestino führte generell eher Konversation mit uns. 

Das sind die beiden mit Rico

Die Fahrt war lang. Zunächst über 3 Stunden im Bus steile, enge Kurven hinauf über einen Pass mit 4.300 Metern bis man jeden Atemzug spürt und man sich schwer wie Blei fühlt. 

Und dann auf der anderen Seite noch steiler und wirklich angsterregend wieder herunter in der Hoffnung jede Steilkurve nicht abzustürzen. Die Straße war sehr abenteuerlich mit ungesicherten Abhängen und teilweise nicht asphaltiert. Ich war froh als wir es geschafft hatten. Jedoch ging es, umgestiegen in ein Taxi, nicht wenig abenteuerlich weiter für eine Stunde bis wir in Santa Teresa ankamen. Da wurden wir vor einem Minimarket mit einem frisch geschlachteten Bullenkopf begrüßt, der zum ausbluten aufgehangen war. Ja, die südamerikanische Provinz ist so grundlegend verschieden zur Heimat. Wir begnügten uns mit Wasser, denn Trinkwasser gibt es auf der Farm nicht. Zumindest keines was unsere Mägen wohl vertragen würden. Von Santa Teresa aus waren es noch 30 Minuten im Taxi auf einem kleinen Weg bis zur Plantage der beiden. Als wir sie erreichten war es schon stockdunkel und wir orientierten uns mit Stirnlampen um von dem Weg bis auf das Grundstück zu gelangen. Hier erahnten wir zum ersten Mal, dass wir nun wirklich im Dschungel gelandet waren. 

Das Haus von Celestino ist sehr rustikal und praktisch eingerichtet. Es gab zum Kochen einen mit Feuer beheizten Ofen und die Wände der Küche und gleichzeitig des einzigen Aufenthaltsraumes waren vom Ruß schwarz verfärbt. Die Toilette ist zum spülen mit Eimern zu bedienen. Jedoch zuckersüß begrüßten uns 2 kleine Minikätzchen, die uns zu unser positiven Überraschung auf dem Hof leben durften. Für uns war es trotz der immensen Eindrücke Schlafenszeit und wir zogen uns in unser seperates Zimmer und unter das Moskitonetz zurück. 

 Am ersten Morgen begrüßte uns Eva in der Küche mit ihrem herzlichen Lächeln und Frühstück. "Buen día" - der Kaffee war schon aufgebrüht. Für uns gab es standesgemäß zu jeder Tages- und Nachtzeit sehr schmackhaften Kaffee aus einer Essenz zubereitet. Die beiden leben relativ autark auf ihrem Grundstück und bedienen sich der Genussmittel des Dschungels um sich zu ernähren. So konnten auch wir leben und erlebten einen wahren Hochgenuss zum Frühstück mit frittierter Yukawurzel, fritierten Bananen und frischer grüner Avocado allesamt vom Grundstück geerntet. Ich muss zugeben, dass ich nach der Ankunft ein wenig geschockt bzw. überrascht war über die Umstände, das ursprüngliche Leben der beiden. Die Toilette mit Eimern zum spülen, die offene Küche usw., alles mehr oder weniger unsauber und offen, auch unser Zimmer, aber ich konnte das mehr und mehr ausblenden. Die Kochkünste von Eva versüßten alles. 

Die Yukawurzel

Die beiden haben sich immer am Feuer gewärmt

Nachdem wir uns gestärkt hatten, führte uns Celestino über sein unmittelbares Grundstück und wir kamen aus dem Staunen über all die Wildnis und die Pflanzenvielfalt kaum heraus. Es gab Inkatomaten vom Baum, riesige mit Früchten so groß wie Fußbälle behangene Avocadobäume, Zitronen, Cocapflanzen, Papayas, Bananen die unter den vollen Stauden beinahe zusammen zu brechen drohten, Yukabäume und natürlich viel Kaffee! Eine so riesige Vielfalt und Celestino konnte uns zum Glück erklären, was es alles so gab und vor allem auch was man damit anfangen kann. An einem relativ schmalen Stamm stoppte er und fing an zu graben. Kurz darauf ernteten wir unsere erste Yukawurzel. Die schmecken wirklich köstlich kann ich sagen, wie eine leicht fruchtige Kartoffel. Direkt vom Baum probierten wir auch Orangen und ernteten Avocado für das nächste Essen.

Wilder Spargel

Hier wurde die Yukawurzel ausgegraben

Beim auszutscheln des Zuckerrohrs

Celestino betreibt die Plantage mit Herzblut schon in der 4. Generation und sein Sohn John, der bereits das Café in Cusco führt, wird das Ganze erben. Er ist Catador, was bedeutet, dass er hoch professionell Kaffee verkostet und im Labor analysiert. Diese Kenntnisse spielen natürlich seinem Vater Celestino in die Karten. John ist so erfolgreich, dass er zur Zeit unseres Besuches auf der Farm in Bosten war - zur World Barista Championchip, der Weltmeisterschaft der Barista. Wir waren also an echte Experten geraten und wir freuten uns mehr und mehr mit jedem Detail, was uns erklärt wurde. Der Kaffee auf der Plantage ist Spezialkaffee und wird sehr aufwendig und unter höchster Sorgfalt gepflegt und schließlich verarbeitet. Daher hat Celestino auch schon eine Auszeichnung für "Bester Kaffee in Peru" errungen. Für diese guten Ergebnisse muss er 3x pro Jahr düngen. Das geschieht ausschließlich mit ökologischen Mitteln, wobei er derzeit kein solches Label auf seinen Verpackungen trägt. Dieses Label kostet ihn jährlich wohl ca.10.000 USD und das ist es ihm nicht mehr wert, da er noch nicht exportiert wofür dies wichtig wäre. Außerdem hat er das durch die Auszeichnungen, die sein Kaffee erzielte wohl auch nicht mehr nötig. Diese Zertifizierungen sind wirklich grenzwertig zu Schieberei und Geldmacherei stellen wir wiedereinmal fest. Selbst erntet er auf 3 Hektar jährlich 2 Tonnen des schwarzen Goldes, welche er ausschließlich als Spezialkaffee verkauft und im Café von John ausschenkt. Aber außerdem ist er auch Vorsteher eines Kaffeebauernverbandes durch den er noch weitere 18 Tonnen jährlich verarbeitet. Ich glaube man kann ihn als so etwas wie den Guru der Kaffeeregion um Santa Teresa bezeichnen. Wir waren kurz vor der Haupternte auf Tunki Wasi. In der Zeit von März bis Oktober wird generell geerntet. Das hängt ganz von der Höhe und der Sorte ab. Im August steht der Kaffee in voller Blühte. Dennoch demonstrierte uns Celestino den kompletten Prozess von Ernte bis Röstung in seinem Anwesen. Wir konnten wirklich enorm viel lernen, ausprobieren und auch trainieren. Aber Celestino nahm sich auch die Zeit mit uns eine Wanderung auf den Berg zu unternehmen an dem seine Farm steht. Dazu wollten wir schon frühzeitig aufbrechen, damit es nicht zu warm würde und unser Wecker unterbrach die Nacht daher schon ganz gruselig um halb fünf. Generell gewöhnten wir uns ganz schnell an den natürlichen biologischen Rhythmus der Sonne. Es wurde halb 6 hell, damit endete die Nacht und um 6 dunkel, was uns auch schon gegen 8 Uhr abends ins Bett verschlug. Super für eine Schlafmaus wie mich. Aber das klingeln des Weckers um diese Zeit war dennoch schrecklich. Der bereits gekochte Kaffee beflügelte uns dann allerdings doch und wir stiegen auf knapp 3.000 Meter hinauf. Auf dem Weg kehrten wir bei einer Nachbarfarm ein, die die leckeren Grenadillas anbaut. Außerdem bekamen wir als Aufmerksamkeit die leckeren und riesigen Körner des lokalen Mais serviert während der Hausherr sich ein Kokablatt nach dem anderen in den Mund stopfte. 

Eine Grenadilla, gehört zur Art der Passionsfrüchte

Blühte der Grenadilla

Die hier wohnenden Nachbarn sprechen zum Teil gar kein spanisch, sondern nur Quechua, die alte Inkasprache. Das alles faszinierte uns sehr und wir konnten dank Celestino einen sehr privaten Einblick in die Kultur und Welt der Einheimischen bekommen. 

Außerdem betrachteten wir ganz nahe des Grundstücks die purpurroten Nationalvögel Perus. 

Auf dem Heimweg wurden meine Ängste der Straße und Busfahrt wegen nocheinmal unterstützt als ich die zahlreichen Kreuze am Straßenrand sah und ebenfalls Überreste von hunderte Meter in die Tiefe gestürzter Karosseriereste. Unglaublich froh war ich also nach unserer Ankunft zurück in Ollantaytambo. Perus Straßen und Busfahrer sind definitiv nichts für zarte Nerven.


Als wir wieder in Cusco angekommen waren gingen wir natürlich wieder unserem Hobby nach soviele Cafés wie möglich abzuklappern und zu verkosten. Wir wollten auch zu den Three Monkeys, die laut TripAdvisor alle Sterne verdient haben. Vor Ort stellte  sich heraus, dass nicht nur der Kaffee sehr gut war, sondern auch die Inhaber sehr versiert und nett wirkten. Kurzentschlossen fragten wir nach einer kleinen Lehr-und Austauschstunde und tatsächlich nahm sich Iván am nächsten Tag für uns 3 Stunden Zeit. Er ist einer der 3 Inhaber des Cafés und wie wir bald erfuhren auch einer der besten Baristas in Peru. Nicht nur das, auch röstet er selbst und ist wie John Catador, also sucht die Bohnen für sein Café auf den Farmen selbst aus. Wir hatten also wieder Glück und konnten auf einen breiten Wissensschatz zugreifen. 


Unser Abenteuer Kaffee in Peru hat sich also total gelohnt und ausgezahlt. Wir können auf neu Erlerntes stolz sein und sind froh auf diese Weise auch neue Freunde in Peru gefunden zu haben. 

Die verschiedenen Kaffeeregionen Perus


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